Einkommensteuer | Ermittlung der Anschaffungskosten bei Grundstücksentnahme (BFH)

Wird ein Grundstück aus dem Betriebsvermögen entnommen, ist bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG der Entnahmegewinn durch Abzug der Anschaffungskosten vom Entnahmewert (Teilwert) des Grundstücks zu ermitteln. Dies gilt auch dann, wenn es vor Jahren im Wege der Tauschs gegen ein anderes betriebliches Grundstück erworben, der hierbei erzielte Veräußerungsgewinn seinerzeit aber nicht erklärt wurde (BFH, Urteil v. 06.12.2017 - VI R 68/15; veröffentlicht am 21.03.2018).

Sachverhalt: Der Kläger ist der Alleinerbe seiner im Jahr 2010 verstorbenen Ehefrau (E). Diese hatte bis zu ihrem Tod aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen sowie einer in geringem Umfang betriebenen Eigenbewirtschaftung Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, die sie nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. In 1984 tauschte E ein Grundstück gegen das Flurstück F. Sie erklärte jedoch keinen Gewinn aus dem Grundstückstausch. 2008 übertrug E das Flurstück F unentgeltlich auf ihren Sohn.

Das FA sah darin eine Entnahme. Den Wert des Bauplatzes ermittelte es mit 108.225 € (555 qm x 195 €), wovon es einen nach § 55 EStG ermittelten Buchwert zum 01.01.1970 von 963 € abzog. Diesen Wert hatte es anteilig aus der Summe der Buchwerte nach § 55 EStG der im Tauschvertrag hingegebenen Flurstücke errechnet. Den sich hieraus ergebenden Entnahmegewinn berücksichtigte das FA gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG je zur Hälfte in den Einkommensteuerbescheiden 2008 und 2009 (Streitjahre).

Die Richter des BFH führten hierzu u.a. aus:

  • Das streitbefangene Flurstück F gehörte zum Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Mit der Übertragung auf ihren Sohn verwendete E das Flurstück F für betriebsfremde Zwecke und entnahm es damit aus dem Betriebsvermögen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Entnahmen des Steuerpflichtigen sind mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG). Das FA hat zwar den Teilwert des streitbefangenen Grundstücks im Entnahmezeitpunkt zutreffend ermittelt.
  • Der Entnahmegewinn wurde jedoch unzutreffend ermittelt, weil statt der tatsächlichen Anschaffungskosten des Flurstücks F nur der Wert nach § 55 EStG von dem Entnahmewert abgezogen wurde.
  • Von dem Teilwert des entnommenen Wirtschaftsguts sind bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Anschaffungskosten für den Grund und Boden im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben abzuziehen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Da E das ihrem Sohn übertragene Grundstück im Wege des Tauschs erworben hat, bemessen sich die Anschaffungskosten nach dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter. Diese jetzt in § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG enthaltene Regelung galt auch schon vor Einführung des § 6 Abs. 6 EStG.
  • Das FG hat abweichend hiervon vom Entnahmewert nur die (anteiligen) Anschaffungskosten der im Wege des Tauschs veräußerten Flurstücke nach § 55 EStG abgezogen und dies damit begründet, die Ermittlung des gemeinen Werts der hingegebenen Grundstücke sei entbehrlich, weil der Kläger so zu stellen sei, als habe E den aus dem Grundstückstausch erzielten Veräußerungsgewinn gemäß § 6c i.V.m. § 6b EStG neutralisiert. Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
  • E hat im Wirtschaftsjahr 1983/1984 weder einen Gewinn aus dem Grundstückstausch ausgewiesen noch hat sie die Anschaffungskosten der erworbenen Flurstücke durch Ansatz einer Betriebsausgabe in nämlicher Höhe gemindert. Sie hat damit ihr Wahlrecht nach § 6c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6b Abs. 1 EStG nicht ausgeübt. Ihr Verhalten kann auch nicht als konkludenter Antrag aufgefasst werden. Zwar war der Veräußerungsgewinn in der Gewinnermittlung nicht enthalten. Dies rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, E habe diesen Gewinn auf die Anschaffungskosten der eingetauschten Grundstücke übertragen wollen.
  • Entgegen der Auffassung des FA folgt auch nicht aus dem BFH-Urteil v. 14.12.1999 - IX R 62/96, dass statt der tatsächlichen Anschaffungskosten der erworbenen Flurstücke die historischen Anschaffungskosten bzw. die Werte nach § 55 EStG für die beiden weggetauschten Grundstücke anzusetzen sind. Denn dieses Urteil trifft nur Aussagen zur Bemessungsgrundlage von AfA eines nach Betriebsaufgabe weiterhin zur Erzielung von Einkünften genutzten Wirtschaftsguts und behandelt daher einen mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt.

Hauptbezug: BFH, Urteil v. 06.12.2017 - VI R 68/15, NWB DokID: GAAAG-78873

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