Einkommensteuer | Vortragstätigkeit eines Professors als nebenberufliche Tätigkeit (FG)

Das FG Köln hat zur Steuerbefreiung einer "nebenberuflichen" Vortragstätigkeit eines vollzeitbeschäftigten Professors entschieden (FG Köln, Urteil v. 19.10.2017 - 15 K 2006/16; NZB anhängig).

Hintergrund: Nach § 3 Nr. 26 EStG in der im VZ 2011 geltenden Fassung sind Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 2.100 € (aktuell: 2.400 €) im Jahr steuerfrei.

Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Einnahmen aus Vortragstätigkeiten eines vollzeitbeschäftigten Professors im Jahr 2011 unter den Freibetrag nach § 3 Nr. 26 oder 26a EStG fallen.

Hierzu führten die Richter des FG Köln weiter aus:

  • Die Vortragstätigkeiten des Klägers stellen keine Tätigkeiten im § 3 Nr. 26 EStG dar. Es handelt sich auch nicht um vergleichbaren Tätigkeiten.
  • Der Kläger wird nicht ähnlich einem Ausbilder, Übungsleiter oder Erziehung in einer vornehmlich pädagogischen Ausrichtung tätig. Vielmehr hält er Vorträge zu speziellen Themen mit teilweiser rechtspolitischer Ausrichtung oder in der Weise einer Fortbildungsmaßnahme für Fachanwälte, welche dem vorgenannten Tätigkeitsbild nicht entspricht.
  • Der Kläger erscheint bereits bei wortlautorientierter Betrachtung nicht als Ausbilder, Übungsleiter oder Erzieher. Hieran ändert auch eine am Sinn und Zweck oder der Gesetzeshistorie orientierte Auslegung nichts.
  • Der Zweck des § 3 Nr. 26 EStG soll insbesondere Ausbilder, Übungsleiter und Erzieher im Sportbereich und ähnlichen Bereichen einer Breitenbildung (z. B. durch Volkshochschulen), insbesondere in der Kinder- und Jugendförderung, bei gemeinnützigen Vereinen fördern.
  • Rechtspolitische Vortragstätigkeiten oder Fachanwaltsfortbildungen erfüllen diesen Zweck nicht.
  • Darüber hinaus fehlt es an dem Merkmal der Nebenberuflichkeit, sodass auch eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG nicht in Betracht kommt.
  • Der Senat kommt unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls bei Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu dem Ergebnis, dass die Vortragstätigkeiten des Klägers nicht nebenberuflich sind.
  • Die im Streit stehenden Vortragstätigkeiten haben erhebliche Berührungspunkte und Überschneidungen zur unstreitig hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers als Hochschulprofessor.
  • Die Vortragsveranstaltungen sind nach Überzeugung des Senats auch Ausfluss der hauptberuflichen Fähigkeiten und Expertise des Klägers und stehen dadurch nach steuerrechtlichen Maßstäben bei der Beurteilung der Nebenberuflichkeit in einem hinreichenden Zusammenhang mit der Professorentätigkeit.
  • Unbeachtlich ist, dass keine Pflicht zu den Veranstaltungen bestand und der Kläger hierfür einer Anzeigepflicht für "Nebentätigkeiten" unterlag. Der Umstand, dass die Tätigkeiten dienstrechtlich Nebentätigkeiten darstellen bewirkt nach Überzeugung des Senats keine Einstufung der Tätigkeit als "nebenberuflich" i.S.d. § 3 Nr. 26 oder 26a EStG, weil steuerrechtlich eigene Maßstäbe gelten.
  • Selbst wenn man die Vortragstätigkeiten isoliert von der Professorentätigkeit betrachtet, stellten sich diese als nicht nebenberuflich dar: Die Tätigkeiten wären Teil einer parallel zur Professorentätigkeit ausgeübten weiteren hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers, bei welcher dieser Einkünfte aus selbständiger Arbeit durch Vorträge, Gutachten, Tätigkeiten in Aufsichts- oder Fachgremien o.ä. erzielt.
  • Jene Tätigkeiten haben erhebliches wirtschaftliches und auch zeitliches Gewicht und tragen ausweislich der Steuererklärung in höherem Maße zur Bestreitung des Lebensunterhalts als die Professorentätigkeit bei. Es ist aus Sicht des Senats aufgrund der Gleichartigkeit der Tätigkeiten nicht möglich, jeden Vortrag isoliert zu betrachten und dann allein aus zeitlichen Gesichtspunkten als "nebenberuflich" zu klassifizieren.


Hauptbezug: FG Köln, Urteil v. 19.10.2017 - 15 K 2006/16, NWB DokID: SAAAG-72855

Quelle: FG Köln online (il)

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