Einkommensteuer | Höhere GebĂ€ude-AfA bei tatsĂ€chlich kĂŒrzerer wirtschaftlicher Restnutzungsdauer möglich (FG)

Das Modell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer fĂŒr WohngebĂ€ude unter BerĂŒcksichtigung von Modernisierungen gemĂ€ĂŸ Anlage 4 der Sachwertrichtlinie ist ein geeignetes Verfahren zur Ermittlung der kĂŒrzeren Restnutzungsdauer eines GebĂ€udes im Rahmen der AfA-Bemessung nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG. Eines Bausubstanzgutachtens bedarf es hierfĂŒr nicht (FG DĂŒsseldorf, Urteil v. 12.7.2019 - 3 K 3307/16 F; Revision anhĂ€ngig unter Az.: IX R 25/19). Das Verfahren zur Ermittlung des Abnutzungsvorrats von Baustoffen (ERAB) stellt kein sachgerechteres Verfahren fĂŒr die Ermittlung der Nutzungsdauer eines GebĂ€udes i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG dar.

Hintergrund: GebĂ€ude-AfA bei verkĂŒrzter Restnutzungsdauer

§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG lĂ€sst bei GebĂ€uden eine AfA nach der tatsĂ€chlichen Nutzungsdauer zu, wenn abweichend von der gesetzlich typisierten Nutzungsdauer mit einer geringeren Nutzungsdauer zu rechnen ist. Nutzungsdauer eines GebĂ€udes ist nach § 11c Abs. 1 EStDV der Zeitraum, in dem ein GebĂ€ude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Die NutzungsdauerschĂ€tzung hat dabei neben der technischen Abnutzung auch die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche BeschrĂ€nkungen zu berĂŒcksichtigen. WeiterfĂŒhrende Informationen finden Sie bei Marx im Einkommensteuergesetz Kommentar Online [Marx in: Kanzler, Kraft, BĂ€uml, u.a. - Einkommensteuergesetz Kommentar Online, § 7 Absetzung fĂŒr Abnutzung oder Substanzverringerung; NWB DokID: LAAAG-96502].

Sachverhalt: Die KlĂ€gerin erwarb zum 1.1.2003 ein GrundstĂŒck mit drei Baukörpern. In ihren SteuererklĂ€rungen ging die KlĂ€gerin bei der Ermittlung der AfA von einer kĂŒrzeren Restnutzungsdauer aus (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG). Als Nachweis der tatsĂ€chlichen Restnutzungsdauer wurde ein von einem Gesellschafter angefertigtes Gutachten beim FA eingereicht.

Das Finanzamt teilte diese EinschÀtzung nicht und ging weiterhin von der regulÀren Nutzungsdauer aus. Hiergegen wendet sich die KlÀgerin mit ihrer Klage.

Das Gericht forderte mit Beschluss vom 11.7.2018 ein SachverstĂ€ndigengutachten ĂŒber die tatsĂ€chliche Nutzungsdauer von zwei der Baukörper an. In seinem Gutachten fĂŒhrt der Gutachter aus, dass die voraussichtliche Nutzungsdauer, in der die GebĂ€ude zum Stichtag 1.1.2019 voraussichtlich ihrer Zweckbestimmung nach noch entsprechend genutzt werden können, rund 34 Jahre bzw. rund 32 Jahre betrĂ€gt. Die Wertermittlung orientiere sich an der sog. Sachwertrichtlinie.

Das FG fĂŒhrt dazu weiter aus:

  • Die Nutzungsdauer eines GebĂ€udes i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist der Zeitraum, in dem ein GebĂ€ude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann (§ 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV).
  • Die Nutzungsdauer kann im Wege der SchĂ€tzung ermittelt werden (vgl. BFH, Urteil v. 28.9.1971 VIII R 73/68).
  • Auszugehen ist von der technischen Nutzungsdauer, also dem Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch abnutzt. Abweichend davon kommt jedoch die wirtschaftliche Nutzungsdauer zum Tragen, wenn diese kĂŒrzer als die technische Nutzungsdauer ist.
  • Im Streitfall betrĂ€gt die wirtschaftliche Nutzungsdauer laut SachverstĂ€ndigengutachten 34 bzw. 32 Jahre.
  • Es besteht dabei kein Unterscheid zwischen der vom SachverstĂ€ndigen ermittelten Restnutzungsdauer (§ 6 Abs. 6 ImmoWertV) und der Restnutzungsdauer i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG. Denn in beiden FĂ€llen muss die Frage beantwortet werden, wie viele Jahre das GebĂ€ude im bestehenden Zustand voraussichtlich noch wirtschaftliche Verwendung finden kann.
  • Ein „Bausubstanzgutachten” stellt hingegen kein sachgerechteres Verfahren fĂŒr die Ermittlung der Nutzungsdauer eines GebĂ€udes i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG dar.
  • Im Ergebnis ist daher die tatsĂ€chlich kĂŒrzere wirtschaftliche Nutzungsdauer, fĂŒr die Ermittlung der GebĂ€ude-AfA zugrunde zu legen.

Hinweis: Gegen das Urteil wurde Revision beim BFH eingelegt, diese ist anhÀngig unter Az.: IX R 25/19.

Quelle: FG DĂŒsseldorf, Urteil v. 12.7.2019 - 3 K 3307/16 F; NWB DokID: DAAAH-34161 (ImA)

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