Einkommensteuer | Keine Liebhaberei: PV-Anlage auf eigenem Haus (FG)

Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird; das gilt auch dann, wenn infolge eines hohen Kaufpreises für die hochwertige Anlage, der auf eine Nutzungsdauer von 20 Jahren vorgenommenen AfA und infolge der im Anschaffungsjahr 2013 vergleichsweise niedrigen Einspeisevergütung in den ersten Jahren fast durchgehende Verluste erzielt werden, wenn der erzeugte Strom überwiegend zur Deckung des privaten Strombedarfs genutzt wird und wenn sich der Steuerpflichtige vor dem Kauf auf die Renditeangaben der Hersteller von PV-Anlagen verlassen und kein schlüssiges betriebswirtschaftliches Konzept für die künftigen Erträge erstellt hat (FG Thüringen, Urteil v. 11.9.2019 - 3 K 59/18; Revision zurückgenommen).

Sachverhalt: Streitig ist, ob eine Photovoltaikanlage mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde und damit der Verlust in Höhe von 261 € im Jahre 2016 berücksichtigungsfähig ist oder ob es sich beim Betrieb der Anlage um eine steuerrechtliche Liebhaberei handelt.

Die Klägerin erwarb im Oktober 2013 eine Photovoltaikanlage mit einem Leistungsvermögen von 4,5 KW zu Anschaffungskosten i. H. von 13.904 € netto. Der Hersteller gewährt eine lineare Leistungsgarantie von 25 Jahren mit einem maximalen Leistungsabfall von 0,6 % pro Jahr. Zudem erwarb die Klägerin einen privat finanzierten, nicht im Anlagevermögen befindlichen Stromspeicher für ca. 6.000 €. Die Kläger nutzen in ihrem Haus eine Gasheizung. In 2013 ergab sich, u.a. wegen der Umsatzsteuer, ein Verlust von 3.313 €, in 2014 ein Gewinn von 2.716 €, zum größten Teil die Vorsteuererstattung. In 2015 betrug der Verlust 783 €, im Streitjahr 2016 belief er sich auf 261 €, in 2017 auf rund 328 € und in 2018 auf rund 140 €. Das FA erkannte den Verlust nicht an, da sich die Anschaffung der Anlage angesichts der Abschreibung und der geringen Einspeisevergütung (zunächst 0,1427 €, ab 09/2019 0,1033 €) niemals lohnen könne und daher eine sog. „steuerrechtliche Liebhaberei” vorläge.

Das FG gab der Klägerin Recht:

  • Die Verluste der Klägerin sind berĂĽcksichtigungsfähig, denn es handelt sich bei dem Betrieb der PV-Anlage nicht um eine steuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei, sondern um ein mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenes Gewerbe.
  • Die Gewinnerzielungsabsicht als Merkmal eines gewerblichen Unternehmens i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns im Sinne des Gesamtergebnisses des Betriebs von der GrĂĽndung bis zur VeräuĂźerung, Aufgabe oder Liquidation. Dies erfordert eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung, wobei alle Umstände des Einzelfalles zu berĂĽcksichtigen sind (BFH, Beschluss v. 25.6.1984 - GrS 4/82).
  • Selbst in Fällen, in denen die Ergebnisprognose negativ ist, kommt eine Liebhaberei nur in Betracht, wenn die Tätigkeit auf einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven beruht und sich der Steuerpflichtige nicht wie ein Gewerbetreibender verhält, z.B. wenn die verlustbringende Tätigkeit aus dem Bereich der allgemeinen LebensfĂĽhrung und persönlichen Neigungen liegenden GrĂĽnden (weiter) ausgeĂĽbt wird.
  • Bei dem Betrieb einer PV-Anlage spricht nach Auffassung des Senats zunächst der Beweis des ersten Anscheins dafĂĽr, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Denn Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung – anders als Tätigkeiten im Hobbybereich – typischerweise nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile auĂźerhalb der Einkommenssphäre zu dienen (vgl. auch FG Baden-WĂĽrttemberg, Urteil v. 9.2.2017 - 1 K 841/15). Der Senat ist davon ĂĽberzeugt, dass die Tätigkeit der Klägerin nicht auf einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven beruht und sie sich wie eine Gewerbetreibende verhalten hat, indem sie im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten alles unternommen hat, um die Verluste gering zu halten.
  • Da die Kläger auch nicht versuchten, Kosten der allgemeinen Lebenshaltung in den betrieblichen Bereich zu verlagern, da sie alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft haben und ĂĽberdies eine Erweiterung der Anlage um 1,3 KW sowie perspektivisch den Wechsel in die Kleinunternehmerregelung planen, also auf die bisherige Verlustsituation reagieren, geht der Senat von einer Gewinnerzielungsabsicht aus. Mithin sind die Verluste berĂĽcksichtigungsfähig.

Hinweis

Das FA hat die zunächst beim BFH eingelegte Revision, BFH-Az. X R 32/19 wieder zurückgenommen, das FG-Urteil ist damit rechtskräftig.

Quelle: FG ThĂĽringen, Urteil v. 11.9.2019 - 3 K 59/18; NWB Datenbank (JT)

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