Einkommensteuer | Verlust aus der Veräußerung von Aktien (BFH)

Eine Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig (entgegen BMF-Schreiben v. 18.01.2016 - IV C 1-S 2252/08/10004, BStBl I 2016, 85, Rz 59: BFH, Urteil v. 12.06.2018 - VIII R 32/16; veröffentlicht am 19.09.2018).

Hintergrund: Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass eine Veräußerung i. S. des § 20 Abs. 2 EStG nicht vorliegt, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt. Auch wenn die Höhe der in Rechnung gestellten Transaktionskosten nach Vereinbarung mit dem depotführenden Institut dergestalt begrenzt wird, dass sich die Transaktionskosten aus dem Veräußerungserlös unter Berücksichtigung eines Abzugsbetrages errechnen, soll ein Veräußerungsverlust nicht berücksichtigt werden (BMF, Schreiben v. 18.01.2016).

Sachverhalt: Der Kläger hatte in den Jahren 2009 und 2010 Aktien zum Preis von 5.760 € erworben und diese im Jahr 2013 zu einem Gesamtverkaufspreis von 14 € an eine Sparkasse wieder veräußert, die Transaktionskosten in dieser Höhe einbehielt. In seiner Einkommensteuererklärung 2013 machte der Kläger den Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend und stellte u.a. den Antrag auf Überprüfung des Steuereinbehalts gemäß § 32d Abs. 4 EStG. Das Finanzamt berücksichtigte die Verluste nicht. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Jede entgeltliche Übertragung des - zumindest wirtschaftlichen - Eigentums auf einen Dritten stellt eine Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG dar.
  • Weitere Tatbestandsmerkmale nennt das Gesetz nicht. Die Erfüllung des Tatbestands der Veräußerung ist entgegen der Sichtweise der Finanzverwaltung weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig.
  • Auch einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 AO ist nicht gegeben: Der Kläger hat nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung verstoßen, sondern lediglich von einer ihm durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht.
  • Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem erzielbaren Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert.
  • Dass der Kläger keine Steuerbescheinigung der Sparkasse über den entstandenen Verlust vorlegen konnte (vgl. § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG), stand der Verlustverrechnung nach der bereits gefestigten Rechtsprechung des Senats nicht entgegen. Die Bescheinigung ist entbehrlich, wenn - wie vorliegend - keine Gefahr der Doppelberücksichtigung des Verlusts besteht.

Hinweis: Wie die bloße Ausbuchung von wertlos gewordenen Aktien aus dem Wertpapierdepot des Steuerpflichtigen steuerrechtlich zu beurteilen ist, hat der BFH mangels Entscheidungserheblichkeit im vorliegenden Urteil offengelassen.

Hauptbezug: BFH, Urteil v. 12.06.2018 - VIII R 32/16; NWB DokID: NAAAG-94741

Quelle: BFH, Pressemitteilung v. 12.06.2018

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