Einkommensteuer / Corona | Umzugskosten für ein Homeoffice abzugsfähig (FG)

Umzugskosten können beruflich veranlasst sein, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung der Arbeitsbedingungen führt (ständige Rechtsprechung). Eine solche Erleichterung kann für das Streitjahr 2020 auch anzunehmen sein, wenn ein Umzug erfolgt, um für jeden Ehegatten in der neuen Wohnung ein Arbeitszimmer einzurichten, damit diese im Homeoffice wieder ungestört ihrer jeweiligen Tätigkeit nachgehen können (in Abgrenzung zu BFH, Urteil v. 16.10.1992 - VI R 132/88) (FG Hamburg, Urteil v. 23.2.2023 - 5 K 190/22; Revision anhängig BFH-Az. VI R 3/23).

Hintergrund: Das Bewohnen einer Wohnung am Lebensmittelpunkt eines Steuerpflichtigen und seiner Familie ist dem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Daher sind Aufwendungen für einen Umzug grundsätzlich steuerlich nicht abziehbare Kosten der allgemeinen Lebensführung. Umzugskosten können aber als Werbungskosten abzugsfähig sein (vgl. bspw. BFH, Urteil v. 24.5.2000 - VI R 147/99). Voraussetzung dafür ist, dass der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist, private Gründe also eine allenfalls ganz untergeordnete Rolle spielen (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 16.10.1992 - VI R 132/88). Eine derartige berufliche Veranlassung hat der BFH z.B. anerkannt, wenn der Umzug aus Anlass eines Arbeitsplatzwechsels erfolgen musste oder wenn - auch ohne berufliche Veränderung - durch den Umzug der erforderliche Zeitaufwand für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wesentlich vermindert worden ist. Als wesentliche Verkürzung der Wegezeit hat er dabei eine Ersparnis von mindestens einer Stunde täglich angesehen (vgl. BFH, Beschluss v. 11.9.1998 - VI B 208/98).

Sachverhalt: Die Kläger (Eheleute) begehren die Anerkennung von Umzugskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit. Die Höhe der geltend gemachten Umzugskosten ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Kläger arbeitete vor Mitte März 2020 nur in Ausnahmefällen zu Hause. Zu Beginn der Corona-Maßnahmen im März 2020 musste der Kläger seine Arbeitsmaterialien aus dem Büro seines Arbeitgebers abholen und ab diesem Zeitpunkt zu Hause arbeiten. Das Büro des Arbeitgebers war gänzlich geschlossen. Dies blieb so, bis der Kläger zum 30. Juni 2020 das Unternehmen verließ. Anfang Juli 2020 begann der Kläger eine Tätigkeit bei seinem neuen Arbeitgeber. Einen festen Arbeitsplatz hatte und hat er dort nicht.

Beide Kläger benötigten für ihre Tätigkeit einen großen Bildschirm. Mit Beginn des Homeoffices Mitte März 2020 nutzen die Kläger den Esstisch nicht nur als Esstisch der Familie, sondern zudem als Schreibtisch. Dort war indes nur Platz für einen großen Bildschirm. Auch sonst konnte ein solcher in der Wohnung nicht aufgestellt werden. Da die Klägerin in ihrer Arbeit zudem durch die vielen Telefonate des Klägers gestört wurde, wechselten sie sich nach Möglichkeit mit der Nutzung des Esstisches ab. Dies war nur möglich, weil beide in gewissem Maße die Arbeitszeit frei einteilen konnten.

Die Kläger erkannten, dass die Corona-bedingten Einschränkungen nicht nur ganz kurzfristig sein würden, und suchten im April 2020 nach einer Wohnung, die es ihnen ermöglichen würde, zwei Arbeitszimmer einzurichten. Bereits im Mai 2020 unterzeichneten sie den Mietvertrag (Mietbeginn 16.7.2020) für ihre neue Wohnung. In der Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger u.a. Umzugskosten als Werbungskosten, die das Finanzamt ablehnte.

Das FG Hamburg berücksichtigt die Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit:

  • Zunächst ist der Beklagtenseite zuzugeben, dass eine erhebliche VerkĂĽrzung des Arbeitswegs nicht eingetreten ist, denn das Homeoffice der Kläger ist nicht als erste Tätigkeitsstätte einzuordnen.
     
  • Indes ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon ĂĽberzeugt, dass der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen der Kläger gefĂĽhrt hat. Der Umzug ermöglichte erst eine ungestörte AusĂĽbung der nichtselbständigen Tätigkeit beider Eheleute.
     
  • Durch die räumlich getrennte Arbeitsmöglichkeit konnten beide weiterhin zur Zufriedenheit ihrer Arbeitgeber ihrer Tätigkeit nachgehen und mussten sich nicht einem Risiko von schlechteren Arbeitsergebnissen mit möglichen negativen Konsequenzen fĂĽr das Arbeitsverhältnis aussetzen.
     
  • Die Wohnung weicht im Ăśbrigen nicht derart von der bisherigen Wohnung ab, dass hier Anlass zur Annahme bestĂĽnde, eine Erhöhung des Wohnkomforts sei Anlass fĂĽr den Umzug gewesen. Im Ăśbrigen ging mit einer möglichen Erhöhung des Wohnkomforts durch Platzgewinn zugleich eine Verschlechterung des Wohnkomforts einher, denn statt einer Terrasse mit Zugang zum Gemeinschaftsgarten haben die Kläger nunmehr lediglich einen Balkon mit einer fĂĽr die im Streitjahr fĂĽnf Jahre alte Tochter schlechteren Nutzbarkeit. Auch der zeitliche Ablauf spricht fĂĽr eine berufliche Veranlassung.
     
  • Auch der zeitliche Ablauf spricht fĂĽr eine berufliche Veranlassung.
     
  • Soweit der BFH mit Urteil v. 16.10.1992 - VI R 132/88; hieran festhaltend: BFH, Beschluss v. 15.10.1993 - I B 62/93) entschieden hat, dass eine berufliche Veranlassung nicht anzunehmen ist, wenn sich durch den Wohnungswechsel die Fahrzeiten zwischen Wohnung und Beschäftigungsstätte(n) um weniger als eine Stunde pro Arbeitstag verkĂĽrzen und die neue Wohnung Platz fĂĽr die Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers biete, ist dies nicht auf den hiesigen Fall zu ĂĽbertragen. Anders als in dem im Jahr 1992 entschiedenen Fall (Streitjahr 1982) liegen im hiesigen Streitjahr 2020 insgesamt andere Umstände vor, so dass ein vom BFH damals angenommenes "natĂĽrliches Bestreben nach Verbesserung der Wohnqualität" der beruflichen Veranlassung hier nicht entgegensteht.
     
  • FĂĽr dieses Ergebnis spricht zudem, dass die Kosten des Arbeitszimmers fĂĽr beide Kläger fĂĽr das Streitjahr nach dem Umzug vom Finanzamt zutreffend anerkannt wurden.

Hinweis
Die Revision ist beim BFH unter dem Az. VI R 3/23 anhängig.


Quelle: FG Hamburg, Urteil v. 23.2.2023 - 5 K 190/22 (JT)


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