Einkommensteuer | "Essen auf Rädern" keine außergewöhnlichen Belastungen (FG)

Die Aufwendungen für die Lieferung von Mittagessen sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar (FG Münster, Urteil v. 27.4.2023 - 1 K 759/21 E; Revision nicht zugelassen).

Hintergrund: Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird nach § 33 Abs. 1 EStG auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Abs. 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Gemäß §°33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Sachverhalt: Der Kläger und seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau wurden im Streitjahr 2019 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Beide Eheleute wiesen im Streitjahr einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit Merkzeichen G auf. Bei dem Kläger war der Pflegegrad 2 festgestellt. Bei seiner Ehefrau war ebenfalls zunächst der Pflegegrad 2 festgestellt bzw. ab Oktober 2019 der Pflegegrad 3.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 machten die Kläger u.a. Aufwendungen in Höhe von rund 1.500 € für die Lieferung von Mittagessen, sog. "Essen auf Rädern", geltend, die das FA nicht anerkannte. Die Preise pro Mittagessen/Person inklusive Lieferung beliefen sich im Wesentlichen auf Beträge zwischen 7,00 € und 8,90 €. In den Rechnungen war jeweils nur dieser Gesamtbetrag für Essen und Lieferung ohne Aufteilung ausgewiesen. Hiergegen wendete der Kläger u.a. ein, das "Essen auf Rädern" sei aufgrund der Krankheitssituation zwangsläufig und somit außergewöhnlich.

Die Klage hatte keinen Erfolg:

  • Zwar mag es zutreffend sein, dass der Kläger und seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau krankheitsbedingt auf die streitgegenständlichen Lieferungen von Mittagessen angewiesen waren. Allgemein sind Aufwendungen jedoch nicht außergewöhnlich und zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG, wenn sie nicht unmittelbar zur Heilung aufgewendet werden, sondern als Folgekosten gelegentlich einer Krankheit entstehen.
     
  • Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zählen die Kosten für Verpflegung, gleichgültig, in welcher Höhe sie tatsächlich anfallen, zu den üblichen Aufwendungen für die Lebensführung, welche nicht nach § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sind (vgl. u.a. BFH, Urteil v. 4.11.2021 - VI R 48/18).
     
  • Dies gilt ebenso für krankheitsbedingt höhere Verpflegungsaufwendungen, wie sich auch aus der gesetzlichen Regelung des § 33 Abs.°2 Satz 3 EStG ergibt. Hiernach können Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Diese Regelung ist verfassungsgemäß (vgl. BFH, Beschluss v. 9.10.2003 - III B 139/02; BVerfG - Nichtannahmebeschluss v. 21.4.2005 - 2 BvR 2100/03).
     
  • Dies muss umso mehr für „normale“ Verpflegung wie die im Streitfall gelieferten Mittagessen gelten, welche im Übrigen nach Auffassung des erkennenden Senats preislich im eher üblichen Bereich liegen.
     
  • Nichts anderes kann für den vom Kläger begehrten Abzug der – in den Rechnungsbeträgen enthaltenen, aber nicht separat ausgewiesenen – Lieferkosten gelten. Denn zum einen ist die Inanspruchnahme von Essens-Lieferdiensten mittlerweile in der gesamten Bevölkerung weit verbreitet. Schon vor diesem Hintergrund sind auch diese Kosten nach Überzeugung des erkennenden Senats der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und nicht nach § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig. Zum anderen ist die Zubereitung von Mahlzeiten als Verrichtung des täglichen Lebens vom Behindertenpauschbetrag nach § 33b Abs. 1 Satz 1 EStG Satz 1 abgegolten.

Hinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW veröffentlicht.

Quelle: FG


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