Einkommensteuer | Per E-Mail gestellter Kindergeldantrag formwirksam (BFH)

An die Form eines Kindergeldantrags sind keine hohen Anforderungen zu stellen, da das Kindergeld der Wahrung des Grundsatzes der Steuerfreiheit des Existenzminimums und der Förderung der Familie dient (BFH, Urteil v. 12.10.2023 - III R 38/21; veröffentlicht am 21.12.2023).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob das Finanzgericht (FG) die Revisionsklägerin (Familienkasse) zu Recht zur Zahlung von Kindergeld an die Revisionsbeklagte (Klägerin) für deren zwei Kinder für die Monate Mai 2018 bis einschließlich April 2019 verpflichtet hat. Dies hängt entscheidend davon ab, ob ein Kindergeldantrag am 16.7.2019 auch mit einer E-Mail formwirksam gestellt werden konnte, denn vor dem 18.7.2019 war der Anspruch auf Kindergeld und nach dem 18.7.2019 der Anspruch auf Auszahlung des Kindergelds auf die letzten sechs Kalendermonate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist, begrenzt (§ 66 Abs. 3 EStG).

Der BFH führte hierzu u.a. aus:

  • Entgegen V 5.2 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Dienstanweisung des Bundeszentralamts für Steuern zum Kindergeld nach dem EStG 2023 enthält § 67 Satz 1 EStG kein Unterschriftserfordernis.
  • Im Steuerrecht kann aus dem Begriff "schriftlich", wie er in § 67 Satz 1 EStG verwendet wird, nicht ohne Weiteres ein Unterschriftserfordernis i. S. des § 126 Abs. 1 BGB abgeleitet werden (vgl. BFH, Urteil v. 13.5.2015 - III R 26/14).
  • Ist streitig, ob der Auszahlung des festgesetzten Kindergelds § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG neue Fassung entgegensteht, ist gem. § 218 Abs. 2 Satz 1 AO ein Abrechnungsbescheid zu erlassen (BFH, Beschluss v. 21.9.2021 - VII R 9/18). Die Vorschriften enthalten umgekehrt aber auch keine eindeutige Regelung, dass ein Kindergeldantrag nicht unterschrieben werden muss, um die Bearbeitung des Kindergeldantrags anzustoßen und die Sechs-Monats-Frist in Gang zu setzen. Folgt aus dem Wortlaut einer gesetzlichen Vorschrift kein eindeutiges Unterschriftserfordernis, kann ein solches allein anhand ihres Wortlauts aber auch nicht ausgeschlossen werden, ist in Fällen, in denen das Gesetz den Begriff "schriftlich" verwendet, im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob eine der Funktionen erfüllt werden muss, die der Unterschrift zugeordnet werden.
  • Im Fall des § 67 Satz 1 EStG sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift dafür, keine Unterschrift des Kindergeldberechtigten oder seines Vertreters zu verlangen. § 126 Abs. 1 BGB ist nicht anzuwenden.

Quelle: BFH, Urteil v. 12.10.2023 - III R 38/21; NWB Datenbank (JT)

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