Einkommensteuer | Tätigkeit des Moderators eines Doku-Entertainment-Formats (FG)

Der selbständige Moderator einer als Doku-Entertainment-Format ausgestalteten TV-Sendereihe, in der er, ohne eine erkennbare schauspielerische Leistung zu erbringen, sich selbst als Person mit den ihn prägenden Charaktereigenschaften darstellt, übt mangels einer darin liegenden über die Darstellung der Wirklichkeit hinausgehenden eigenschöpferischen Leistung keine künstlerische Tätigkeit i.S.d. § 18 Nr. 1 Satz 2 EStG aus (FG Düsseldorf, Urteil v. 21.3.2023 - 10 K 3063/17 G; Revision zugelassen).

Hintergrund: Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Darüber hinaus darf es sich bei der Tätigkeit nach der Rechtsprechung des BFH nicht um private Vermögensverwaltung handeln (vgl. BFH, Urteile v. 16.9.2015 - X R 43/12, BStBl II 2016, 48 sowie v. 19.10.2010 - X R 41/08).

Sachverhalt: Streitig ist, ob es sich bei den Einkünften des Klägers aus seiner Tätigkeit für die Fernsehsendung „X“ um solche aus künstlerischer Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt oder um Einkünfte aus Gewerbebetrieb:

Der Kläger wirkt bei der TV-Sendung mit, die von der TV-Produktionsgesellschaft B hergestellt wird. Das Konzept der Sendung gründete darauf, dass Menschen durch einen Unterstützer dabei begleitet werden, wie sie ihre persönliche Situation verbessern. Die Sendungen folgen einem stets gleichbleibenden Aufbau: Der in den Sendungen als Experte bezeichnete Kläger unterhielt sich im Rahmen seiner Tätigkeit schwerpunktmäßig mit den einmalig auftretenden Teilnehmern über deren persönliche Umstände und kommentierte diese Gespräche sowie Äußerungen der Teilnehmer. Dabei nutze er insbesondere seine Fachkenntnisse, um die Situation der Teilnehmer zu verbessern. B filmte dabei sämtliche Gespräche und Aktivitäten des Klägers und der Teilnehmer. Die Vergütung des Klägers erfolgte ausschließlich durch B.

Das FG ging von einer gewerblichen Tätigkeit des Klägers aus. Hiergegen wendete der Kläger ein, bei seinen Einkünften aus der Tätigkeit für die Sendung handele es sich um solche aus künstlerischer Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Seine Tätigkeit sei dadurch gekennzeichnet, dass er kreativ und ohne festes Drehbuch agiere. Sie sei mit der eines „Stand-Up-Comedian“ vergleichbar, nämlich spontan und ohne Drehbuch im konkreten Handlungsablauf. Der Kläger pflege einen erkennbar eigenen Stil. Dass die Sendung, an deren Produktion er mitwirke, nicht „live“ ausgestrahlt werde, sei unbeachtlich.

Dem folgten die Richter des FG Düsseldorf nicht:

  • Die Tätigkeit des Klägers ist keine künstlerische Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Die vom Kläger erzielten Einkünfte gehören deshalb zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
     
  • Insbesondere erbringt der Kläger durch seine Tätigkeit keine eigenschöpferische Leistung, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt.
     
  • Die Tätigkeit des Klägers besteht darin, in der Sendung er selbst zu sein (oder zumindest vorzugeben, er selbst zu sein) und in dieser Eigenschaft den anderen Teilnehmern zu helfen. Seine nach dem Sendungskonzept vorgegebene Aufgabe besteht darin, die an der Sendung teilnehmenden Menschen zu unterstützen. Ausweislich der dem Gericht vorliegenden und veröffentlichten Sendungen agiert der Kläger im Umgang mit den anderen Teilnehmern gefühlvoll, sympathisch und respektvoll. Dabei verfolgt er aber - entsprechend dem Sendekonzept - auch weiterhin strukturiert und fokussiert die Unterstützung bei der Lösung insbesondere die sein Fachgebiet betreffende Problematik des Teilnehmers.
     
  • Das Format der Sendung hängt in seinem Unterhaltungswert maßgeblich sowohl von der Handlung des Klägers und dem oder den Teilnehmenden ab. Ein Drehbuch gibt es nach klägerischem Vortrag - ungeachtet der Gestaltung durch den Produzenten B - bei einem Doku-Entertainment-Format naturgemäß nicht, weil der Verlauf gerade von dem Verhalten der einmalig auftretenden Protagonisten und ihrer konkreten Situation abhängt.
     
  • Eine schauspielerische Leistung ist in dem Verhalten des Klägers nicht erkennbar und von ihr kann auch nicht ausgegangen werden. Vielmehr tritt der Kläger als Experte unter Nutzung seiner persönlichen und fachlichen Autorität auf und unterstützt damit den jeweiligen Sendungsteilnehmer.
     
  • Die Tätigkeit des Klägers als künstlerisch zu qualifizieren würde bedeuten, das zielgruppenspezifisch als unterhaltsam empfundene Wesen des Klägers als Kunstfigur anzuerkennen.
     
  • Zwar erfolgt in der Sendung die filmische Aufnahme nicht durch reine Beobachtung des Klägers und der Teilnehmer; vielmehr werden sie durch das Aufnahmeteam begleitet. Dabei wissen sie um den Umstand einer Fernsehproduktion und dementsprechend verhalten sich der Kläger und die Teilnehmer derart, dass die Gespräche aufgezeichnet werden können. Indes geht die Tätigkeit des Klägers nicht über die medienwirksam aufbereitete Darstellung der Wirklichkeit, deren Kern die Alltagskommunikation des Klägers mit den Teilnehmern und anderen Personen ist, hinaus.
     
  • Eine eigenschöpferische Tätigkeit ergibt sich nicht bereits daraus, dass der Kläger eine eigene Persönlichkeit darstellt, die Kommunikation selbst gestaltet und im Textgeschehen frei agiert. Insofern unterscheidet sich die Kommunikation des Klägers strukturell nicht von anderer Alltagskommunikation, die andere Personen üblicherweise während ihres Berufsalltags führen. Der Umstand, dass die Kommunikation des Klägers filmisch begleitet wird, begründet für sich noch keine eigenschöpferische Leistung.
     
  • Die Tätigkeit des Klägers entspricht auch nicht der eines Schauspielers. Insoweit stellt der Kläger keine andere Rolle als seine eigene Person dar. Vielmehr agiert er als Experte und verhält sich bei seiner Tätigkeit - wie jeder andere Mensch im täglichen (Arbeits-)Leben auch - bewusst und unbewusst entsprechend der ihn prägenden Charaktereigenschaften.
     
  • Da die Tätigkeit des Klägers für die Sendung bereits nicht als künstlerische Tätigkeit anzusehen ist, kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang er sich an ins einzelne gehende Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hatte und ihm infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung blieb. Sofern der Kläger im Rahmen einer Teamleistung bei den Aufnahmearbeiten auch „erhebliche tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf die Umstände der Produktion“, die er nicht substantiiert hat, gehabt haben sollte, begründet auch dies keine eigenschöpferische Leistung.
     
  • Die Tätigkeit des Klägers im Rahmen der Sendung ist auch unter der Annahme einer eigenschöpferischen Leistung des Klägers keine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, weil sie keine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe aufweist.

Hinweis:
Das Gericht hat die Revision zugelassen.
 

Quelle: FG Düsseldorf, Urteil v. 21.3.2023 - 10 K 3063/17 G; NWB Datenbank (il)

Verwandte Artikel:


Diese Kurse könnten Sie interessieren:

Zurück
Kontakt