Einkommensteuer | Verteilung von Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung (FG)

Für die Verteilung von Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG fehlt es an einem bestimmbaren Zeitraum, wenn die ordentliche Kündigung des Überlassungsvertrags für 30 Jahre ausgeschlossen ist und weitere Anhaltspunkte für eine Befristung oder ein auflösendes Ereignis nicht vorliegen (FG Schleswig-Holstein, Urteil v. 9.11.2022 - 2 K 217/21, Revision anhängig, BFH-Az. IX R 18/22).

Hintergrund: Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG kann der Steuerpflichtige Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird, § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger die Entgelte, die er aus der Überlassung von Grundstücken zum Zwecke des Ausgleichs von Eingriffen in die Natur erhalten hat, bei Zufluss sofort versteuern muss oder die erhaltenen Entgelte auf eine Laufzeit von 20 Jahren verteilen kann: Der Kläger hat in den Streitjahren landwirtschaftliche Flächen zur Nutzung für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und zur Generierung von sog. Ökopunkten zur Verfügung gestellt und hierfür eine Nutzungsentschädigung erhalten. Der Nutzungsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte frühestens nach Ablauf von 30 Jahren ordentlich gekündigt werden.

Das Finanzamt ordnete die Nutzungsentschädigung entsprechend dem vom BFH mit Urteil v. 20.7.2018 - IX R 3/18 entschiedenen vergleichbaren Fall den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu, ließ jedoch die beantragte Verteilung der Entschädigung auf 20 Jahre nicht zu, sondern setzte die Beträge jeweils im Jahr der Vereinnahmung einschließlich Umsatzsteuer an, abzüglich der im jeweiligen Jahr gezahlten Umsatzsteuer. Zwar seien Einnahmen i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren im Voraus geleistet worden. Der Zahlungszeitraum sei jedoch nicht genau festgelegt worden und auch nicht bestimmbar.

Die Richter des Schleswig-Holsteinisches FG wiesen die Klage ab:

  • Der Kläger konnte die erhaltenen Zahlungen nicht nach § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG auf die Laufzeit von 20 Jahren verteilen, da ein konkreter Zeitraum von mehr als fünf Jahren weder bestimmt noch bestimmbar ist.
     
  • Für die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG genügt nicht schon der Abschluss eines unbefristeten, ordentlich kündbaren Vertrags über eine Nutzungsüberlassung.
     
  • Der Ausschluss der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit ist mit einer Befristung eines Vertrages oder mit einem unter einer auflösenden Bedingung stehenden Vertrag - so die Fallgestaltung im BFH-Urteil v. 6.6.2019 - VI R 34/17, BStBl II 2021 S. 5, nicht zu vergleichen.
     
  • Anders als bei der Befristung eines Vertrages oder bei einem unter einer auflösenden Bedingung stehenden Vertrag ist ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Vertrag, auch wenn er die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung für einen bestimmten Zeitraum ausschließt, gerade nicht endlich.
     
  • Es bedarf noch eines aktiven Handelns der Vertragsparteien, um den Vertrag zu beenden, wobei der tatsächliche Zeitpunkt der Vertragsauflösung im Belieben der Parteien steht.
     
  • Anhaltspunkte für eine Befristung oder ein auflösendes Ereignis müssen sich aus dem Vertrag selbst ergeben. Daher kommt auch die Anknüpfung an den Förderzeitraum von 20 Jahren nach dem EEG zur Bestimmung eines Vorauszahlungszeitraumes nicht in Betracht.
     
  • Der 20-jährige Förderzeitraum ist zudem ein Kriterium, das unabhängig vom jeweiligen Vertrag für jeden Vertrag im Bereich der erneuerbaren Energien gelten würde.
     
  • Eine Abgrenzung zwischen unbefristeten und befristeten Verträgen findet damit nicht mehr statt, da aufgrund des regelmäßigen Zeitraums von mehr als fünf Jahren immer eine Verteilung mindestens auf 20 Jahre möglich ist.
     
  • Damit ist der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG, bei dem es sich um eine Ausnahmeregelung zum allgemeinen Zuflussprinzip handelt, überdehnt.

Hinweis:
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, das Verfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen IX R 18/22 anhängig.

Quelle:Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 9.11.2022 - 2 K 217/21 sowie Newsletter v. 31.3.2023 (il)


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