Umsatzsteuer | Bestimmung der bewegten Lieferung in einem Reihengeschäft (BFH)

Bei einem Reihengeschäft mit drei Lieferungen und vier Beteiligten setzt die Zuordnung der Versendung zu der zweiten Lieferung insbesondere die Feststellung voraus, ob zwischen dem Erstabnehmer und dem Zweitabnehmer die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, stattgefunden hat, bevor die Versendung erfolgte (Fortführung der Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteile v. 28.5.2013 XI R 11/09; v. 25.2.2015 XI R 30/13; v. 25.2.2015 - XI R 15/14: BFH, Urteil v. 11.3.2020 - XI R 18/18; veröffentlicht am 20.8.2020).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Transports von Maschinenteilen im Rahmen eines grenzüberschreitenden Reihengeschäfts: Im September 2012 wurde der Klägerin von der in Großbritannien ansässigen "B Ltd." der Auftrag zur Lieferung von Ersatzteilen für eine Maschine erteilt. Die "B Ltd." war zuvor von der Firma "C Inc." aus den USA mit der Lieferung beauftragt worden. Deren Bestellung erfolgte wiederum für die Firma "D S.A." aus Peru. Die Lieferung der Ware sollte unmittelbar von Deutschland nach Peru erfolgen.

Am 19.12.2012 wurde durch die Klägerin der Firma "B Ltd." die Lieferung von "Ersatzteile - … Maschine Peru Angebot - Quotation Pos./Item …" zum Preis v. 50.649,90 € in Rechnung gestellt. Es erfolgte kein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer. Die Rechnung enthielt stattdessen die Zusätze: "Steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 6 UsStG i. V. mit § 4 Nr. 1 a UsSTG" und "Taxfree delivery" "Tax 0 %" "Bewegte Lieferung" und die UStID der Abnehmerin (GB ...). Am 19.2.2013 wurde durch die Speditionsfirma der Auftrag bestätigt.

Am 11.3.2013 erhielt die Klägerin zusätzlichen einen Ausgangsvermerk für die streitgegenständliche Lieferung nach Peru v. 2.3.2013. Dort ist die Klägerin als Absender der Sendung und als Anmelder aufgeführt.

Am 4.2.2014 wurde die Steuererklärung für das Jahr 2012 beim Finanzamt eingereicht. Hier wurde eine festzusetzende Umsatzsteuer i. H. von 45.335,95 € und steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen i. H. von 75.132 € erklärt. Inbegriffen waren in diesem Betrag die 50.649,90 € wegen der streitgegenständlichen Lieferung der Maschinenteile an "B Ltd.".

Im Anschluss an eine daraufhin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung setzte das FA die Umsatzsteuer 2012 abweichend von der Erklärung auf 53.422,92 € fest. Einspruch und Klage in der ersten Instanz hatten keinen Erfolg (s. hierzu Janz, USt direkt digital 13/2018 S. 9).

Die Richter des BFH wiesen die Klage ebenfalls ab:

  • Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen fĂĽr eine steuerfreie Ausfuhrlieferung der Klägerin an die "B Ltd.” nicht vorliegen.
  • Insbesondere liegt die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG (Art. 146 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL), dass der ausländische Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat, nicht vor.
  • Denn nach der tatsächlichen WĂĽrdigung des FG, die die Revision ohne Erfolg angreift, hat nicht die "B Ltd.", sondern die "C Inc." den Gegenstand versendet.

Quelle: BFH, Urteil v. 11.3.2020 - XI R 18/18; NWB HAAAH-56284 (il)

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