Gewerbesteuer | Hausreinigung und die Folgen fĂĽr die erweiterte KĂĽrzung (BFH)

Die Reinigung von Gemeinschaftsflächen und Zuwegen zu den bei der Verwaltung eigenen Grundbesitzes genutzten Räumlichkeiten kann unabhängig davon, wem das Gebäude gehört und ob es sich um ein reines Wohngebäude oder um eine Gewerbeimmobilie handelt, unmittelbar zur Verwaltung des eigenen Grundbesitzes i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gehören. Erhält der Mieter (Nutzer) ein Entgelt für die Reinigungsleistungen, sind diese jedoch regelmäßig nicht mehr der Verwaltung des eigenen Grundbesitzes zuzuordnen (BFH, Urteil v. 23.3.2023 - III R 49/20; veröffentlicht am 1.6.2023).

Hintergrund: Gem. § 6 i. V. mit § 7 GewStG ist die Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer der Gewerbeertrag, d.h. der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn, vermehrt und vermindert um die in den § 8 und § 9 GewStG genannten Beträge. Gem. § 9 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gemäß § 8 GewStG um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. Aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die private Vermögensverwaltung betreiben.

Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten ist die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags der Klägerin gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Streitjahr 2012 streitig.

Die Klägerin, die als GmbH der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG) unterliegt, kaufte und verkaufte Grundbesitz, bebaute Grundstücke für eigene und fremde Rechnung und war Eigentümerin von fremdvermieteten Wohnimmobilien, die von einer anderen GmbH verwaltet wurden. Ihren Sitz hatte die Klägerin im Streitzeitraum im Obergeschoss eines im Eigentum ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer stehenden Gebäudes mit vier Wohnungen. Die beiden Wohnungen im Erdgeschoss waren fremdvermietet, die Wohnungen im Obergeschoss nutzten die Gesellschafter ein Ehepaar zu Wohn- und Geschäftsführungszwecken. Zwischen der Klägerin und den Gesellschaftern gab es keine schriftliche Vereinbarung zur Raumnutzung; die Klägerin zahlte die auf sie entfallenden Kosten.

Am 18.12.2012 berechnete die Klägerin den Gesellschaftern 1.647 € für 2011 und 1.647,84 € für 2012 für die Reinigung des Treppenhauses und des Hauseingangspodests der Immobilie durch eine geringfügig Beschäftigte der Klägerin. In der Gewerbesteuererklärung für 2012 beantragte die Klägerin die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
Nach einer Außenprüfung erließ das FA einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid und gewährte der Klägerin nur die einfache Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG.

Der BFH sah die Revision der Klägerin als unbegründet an:

  • Die Vorentscheidung ist im Ergebnis richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), denn anders als von der Klägerin vertreten, erfordert eine "Betreuung" von Wohnungsbauten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG mehr als die Reinigung des Hauseingangspodestes und des Treppenhauses.
     
  • Hätte der Gesetzgeber die Betreuung von Wohnungsbauten auf reine Verwaltungstätigkeiten und bestimmte Tätigkeiten nach dem WEG beschränken und die praktische Objektbetreuung vor Ort ausschlieĂźen wollen, hätte es nahegelegen, die Formulierung "Wohnungsbauten verwalten" zu verwenden. Stattdessen hat der Gesetzgeber jedoch das Wort "betreuen" gewählt. Die Betreuung von Wohnungsbauten umfasst zwar unstreitig deren Verwaltung und bestimmte Tätigkeiten nach dem WEG, schlieĂźt aber auch die praktische Objektbetreuung mit ein. Der Begriff der Betreuung ist sowohl in der Bauphase (Baubetreuung) als auch in der Bewirtschaftungsphase (Bewirtschaftungsbetreuung) weiter als der Begriff der Verwaltung.
     
  • Betreuung von Wohnungsbauten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist sowohl die Baubetreuung als auch die Bewirtschaftungsbetreuung des bereits fertiggestellten Gebäudes im Sinne der Verwaltung der Immobilie und der praktischen Objektbetreuung vor Ort. Letztere setzt voraus, dass sich der Betreuer um das Gesamtobjekt kĂĽmmert und in Abwesenheit der EigentĂĽmer und eines Vertreters der Verwaltung die Hauptverantwortung fĂĽr das Objekt trägt und als Hauptansprechpartner dient.
     
  • Anders als die Klägerin vorträgt, gehört die Reinigung der Gemeinschaftsflächen im Streitfall nicht zur Verwaltung und Nutzung ihres eigenen Grundbesitzes. Denn die Klägerin hat die Reinigung des Treppenhauses und des Hauseingangspodestes gegen Entgelt ĂĽbernommen.
     
  • Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift des § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG und des daraus von der Rechtsprechung abgeleiteten sog. AusschlieĂźlichkeitsgebots (BFH, Urteil v. 11.4.2019 - III R 36/15, Rz 36) kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entscheidend darauf an, ob die schädliche Nebentätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeĂĽbt wird.
     

Anmerkung von Dr. Ralf Adam, Richter im III. Senat des BFH:

Mit dem Urteil III R 49/20 hat der BFH das Merkmal der Betreuung von Wohnungsbauten im Sinne des § 9 GewStG konkretisiert. Während das in §§ 1814 ff. BGB n.F. (bzw. früher in §§ 1896 ff. BGB) normierte Betreuungsrecht die rechtliche Betreuung von Personen regelt, geht es im Rahmen der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags um die „Betreuung von unbeweglichen Sachen“ (Immobilien). Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GewStG betrifft die Kürzung nur denjenigen Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Unschädlich, wenn auch nicht selbst Gegenstand der Kürzung sind u.a. die Erträge aus der Betreuung von Wohnungsbauten (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 4 GewStG).

Da die Klägerin im Streitfall in einem nicht ihr selbst gehörenden Haus durch eine geringfügig Beschäftigte Reinigungsleistungen gegen Entgelt erbracht hatte und insoweit keine ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes oder Kapitalvermögens festzustellen war, versagten FA und FG die von der Klägerin beantragte erweiterte Kürzung. Als letzter „Strohhalm“ blieb ihr das Argument, sie habe mit der entgeltlichen Hausreinigung einen „Wohnungsbau betreut“. Der BFH teilte diese Würdigung der Klägerin nicht, sondern bestätigte im Ergebnis die Auffassung der Vorinstanz, dass Reinigungsleistungen allein keine Betreuungsleistungen sind.

Nach dem Urteil gelten die folgenden Rechtsgrundsätze: Die Betreuung i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst sowohl die Baubetreuung als auch die Bewirtschaftungsbetreuung. Unter die Bewirtschaftungsbetreuung des bereits fertiggestellten Wohngebäudes fallen die Verwaltung der Immobilie und auch die praktische Objektbetreuung vor Ort. Letztere setzt voraus, dass sich der Betreuer um das Gesamtobjekt kümmert, in Abwesenheit der Eigentümer und eines Vertreters der Verwaltung die Hauptverantwortung für das Objekt trägt und als Hauptansprechpartner dient. Nicht ausreichend sind hingegen z.B. bloße Reinigungs- oder Handwerkerleistungen.

Abschließend hat der BFH bekräftigt, dass das gesetzliche Merkmal der Ausschließlichkeit auch in „Bagatellfällen“ keine Ausnahmen zulässt (s. Rz 26 m.w.N.).

Quelle:BFH, Urteil v. 23.3.2023 - III R 49/20; NWB Datenbank (JT)

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